Bergen ist bergig.
Es war eine bewegte Nacht. Schon gestern Nachmittag wurde die See bewegter. Da fiel mir auf, dass gar nicht überall Griffe zum Festhalten auf dem Schiff sind. Normalerweise gilt bei stärkerem Seegang das Motto: „Immer eine Hand fürs Schiff.“, aber wenn es keine Griffe gibt, wird es schwierig, dieses Gebot einzuhalten. Der Seegang wurde dann schwächer und in der Nacht wieder stärker. Da meine Kabine recht weit vorn im Schiff lag, habe ich die Bewegung stark gespürt.
Heute Morgen waren die Berge wolkenverhangen und es regnete. Insgesamt waren alle im Aufbruch. Die Kabinen mussten früh geräumt werden, denn kurz nach unserer Ankunft werden die nächsten Passagiere an Bord kommen.
Bergen empfängt uns ohne Regen und stark bewölkt, was aber schon fast hervorragendes Wetter für Bergen ist. 2015 hat es in Bergen an 276 Tage geregnet und der jährliche Durchschnitt an Regentagen liegt bei ca. 230 Tagen.
Im Hafen lagen schon 4 Kreuzfahrtschiffe. Mit uns waren es dann 5.
Gegen 15:00 konnte ich das Schiff verlassen. Heute werde ich in Bergen bleiben und morgen mit der Fähre von Fjordline weiterfahren. Hurtigruten und Fjordline teilen sich in Bergen ein Terminal. Ich schloss meine Radtaschen dort in ein Gepäckfach ein und nahm nur die nötigste Sachen für eine Nacht mit zu meiner Unterkunft. Wieder auf dem Rad zu sitzen, war schön. Es war das erste Radeln nach fünf Tagen, aber es waren keine 2 km.
Ich unternahm einen ersten Rundgang durch die Stadt. Es ist eine schöne Stadt, aber mir sind es zu viele Besucher. Nach einer Stärkung brach ich zu einem längeren Gang durch die Stadt auf. Zuerst war ich auf dem Fischmarkt, der das Zentrum der Stadt früher war und heute eher touristisch genutzt wird. Ich bummelte durch die Straßen und fuhr dann mit der Fløibanen zum Aussichtspunkt Fløyen, der am 415 m hohen Fløyfjellet liegt. Bergen heißt übrigens Bergen, weil es bergig ist. Der Fløyfjellet ist einer der 7 Stadtberge. Er ist nicht der höchste Stadtberg, aber wegen seiner Aussichtsplattform auf ca. 310 m der bekannteste Stadtberg. Von ihm hat meinen einen schönen Blick auf die Stadt. Auch die Fahrt auf den Berg mit der Fløibanen ist sehr schön.
Dann lief ich zum Weltkulturerbe Bryggen, dem alten Hanseviertel in Bergen. Ab dem frühen 14. Jahrhundert dominierten die Hansehändler den Stockfischhandel und tauschten Getreide aus Europa gegen den Fisch aus Norwegen. Bergen wurde zu einem wichtigen Teil des umfassenden Hansenetzwerks, das sich von London in England bis Nowgorod in Russland erstreckte. Durch die engen Gassen mit den Holzhäusern und den Holzwegen zu gehen, ist wie eine Zeitreise, obwohl die Hanse ja schon lange nicht mehr aktiv ist. In den 500 Jahren Hanse in Bergen gab es zwangsläufig gegenseitigen Einfluss zwischen den Kaufleuten und den Menschen in Bergen. Die Hansehändler brachten nicht nur Waren zum Handel, sie brachten auch Kunst, neue Moden und eine andere Sprache. Die skandinavischen Sprachen sind stark von den Hanseatischen Kaufleuten und ihrer Handelssprache, dem Niederdeutsch, beeinflusst. Der Dialekt in Bergen zeichnet sich wohl durch zahlreiche Ausdrücke aus, die von der Sprache der Hansehändler beeinflusst sind. Es wird wohl auch oft gesagt, dass die Skandinavier nicht in der Lage sind, einen Satz auszusprechen, ohne ein deutsches Wort zu verwenden. Mehr Informationen hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Bryggen
Aktuell werden übrigens einige Häuser des alten Hanseviertel restauriert.
Am Abend war die Stadt leerer. Von dem Aussichtspunkt Fløyen sah ich, dass nur noch 2 Kreuzfahrtschiffe im Hafen waren. Das spürte man.
Nach den Tagen mit eingeschränktem Internet habe ich nun wieder einmal Zeitungen und Blogs gelesen und habe gesehen, dass es Unwetter in Südnorwegen gab. Da ich auf dem Seeweg unterwegs bin, betrifft mich dies nicht. In Trondheim hatte ich mich am Bahnhof schon gewundert. Alle Züge nach Oslo waren gestrichenen und mit einem Text versehen, dass kein Ersatz angeboten wird.