New York – Tag 2&3

In meinem letzten Blogeintrag hatte ich ja geschrieben, dass ich mich für eine Walking Tour angemeldet hatte für gestern. Ich hatte geschrieben, dass die Tour 10 Stunden dauern sollte und ich fand, dass dies sehr lang ist und habe die Zeit deshalb mit einem Ausrufezeichen gekennzeichnet. Ich konnte ja nicht ahnen, dass die Tour 13 Stunden dauern sollte, dass wir mehr als 30 km zu Fuß durch New York laufen würden und dass ich danach mehr als todmüde ins Bett fallen würde und dass es deshalb auch keinen Blogeintrag geben würde. Aber ich will alles der Reihe nach berichten.
Das Hostel ist wie schon geschrieben riesig. Es gibt 600 Betten, mehrere Veranstaltungsräume, eine eigene Wäscherei für die Gäste, eine Cafeteria, einen sehr gut ausgestatteten Computerraum inklusive Druckmöglichkeit, diverse Aufenthaltsräume innen und im Garten. Das Hostel bietet jeden Tag diverse Aktivitäten an, an denen man günstig oder kostenlos teilnehmen kann. Ich hatte mich also für gestern für die Grand Walking Tour angemeldet. 10:00 starteten ca. 25 Gäste des Hostels mit Jerry zu dieser Tour. Ich hatte vorher in der Cafeteria ausreichend und gut gefrühstückt und war vorbereitet für eine lange Tour. Jerry ist ca. 70 Jahre alt, Fotograf, spezialisiert auf Porträts von Charaktergesichtern und bietet seit ca. 15 Jahren diese Walking Tour an, für die er 10 USD verlangt und die auch schon mehrmals ausgezeichnet wurde. Wir starteten und fuhren als zuerst mit dem Subway nach Brooklyn Heights. Brooklyn Heights ist eine gute und teure Wohngegend. Es gibt die Brooklyn Heights Promenade mit Blick auf die Südspitze von Manhattan. Hier waren früher Hafenanlagen, die nun nach und nach in Freizeitanlagen und Parks umgebaut werden. Wir hatten vorher im „Garden of Eden“, einer Lebensmittelkette mit türkischen Besitzern, unser Mittagessen gekauft und genossen dieses auf der Promenade mit dem Blick auf Manhattan. Beim Einkauf musste ich auf Grund des Preises an der Kasse zum ersten Mal schlucken. Wow ist New York teuer. Ich hatte eine Lunchbox von ca. 20×20 cm Größe mit Salat und Früchten gefüllt und bezahlte 23 USD. Uups. Es war sehr gut, aber halt nicht günstig. Von Brooklyn ging es über die Brooklyn Bridge nach Manhattan. Das Wort „Manhattan“ ist aus einer indianischen Sprache und heißt übersetzt ungefähr „Land mit vielen Hügeln“. Die Brooklyn Bridge war nach Fertigstellung die längste Hängebrücke der Welt. Der Verkehr geht in zwei Spuren bzw. staut über die Brücke. Die Fußgänger teilen sich mit den aggressiven Radfahrern einen Weg über den Fahrspuren der Autos. Der Weg ist mit einem dicken Streifen in einen Teil für Fußgänger und einen Teil für Radfahrer geteilt. Spätestens nachdem der erste Fahrradfahrer an einem vorbeigerast ist und man Glück hatte nicht umgefahren zu werden, bleibt man exakt in dem Teil des Weges, der für Fußgänger vorgesehen ist. Langsam begann ich die Größe der Stadt zu begreifen. Ich dachte, dass Manhattan ein Stadtteil ist, aber nein Manhattan ist die gesamte Insel und diese zieht sich bis ca. zur 140-ten Straße und wird in Downtown, Midtown und Uptown unterteilt. In diesen Gebieten gibt es dann die einzelnen Stadtteile wie Soho, Greenwich, Chelsea, Harlem etc.. Wenn man annimmt, dass ein Block 100m lang ist, dann ist Manhattan grob 14km lang. Also wir sind von der Brooklyn Bridge in Manhattan angekommen, genauer in Downtown Manhattan im Financial District. Unser Weg führte uns zum World Trade Center. Dort wo die Türme des früheren World Trade Centers standen, die am 11.9.2001 eingestürzt sind, gibt es heute die Memorial Plaza. Sehr beeindruckend und bewegend. Mir war gar nicht bewusst, dass bis auf ein Turm die anderen Türme des neuen World Trade Centers schon fertig bzw. fast fertig gestellt sind. Es wird auf dem jetzt schon fertiggebauten Turm auch wieder eine Aussichtsplattform geben, aber diese ist noch nicht geöffnet. Die neuen Gebäude wurden wohl so gebaut, dass sie sicher sind vor Angriffe durch Flugzeugen oder Autobomben. Vom World Trade Center ging es zur Wall Street und zur Börse. Gegenüber der Börse ist die Federal Hall. Hier legte der erste Präsident der USA George Washington seinen Amtseid am 30.4.1789 ab. Auf dem Weg zum Terminal der Fähren nach Staten Island kamen wir am Bullen der Börse vorbei, der aber kaum sichtbar war, da sich die Menschen für Fotos um ihn drängten. Wir nahmen eine der riesigen orangefarbenen Fähren nach Staten Island. Jerry kennt sich aus und wusste, von wo man den besten Blick bei der Überfahrt hat. Der Zugang zu den Fähren erfolgt auf einem mittleren Deck. Man muss gleich auf ein unteres Deck gehen und dort nach ganz hinten im Schiff. Bei der Fahrt nach Staten Island hat man dann die ganze Skyline von New York vor sich und wenn die Fähre die Freiheitsstatue passiert, hat man auch einen guten Blick auf diese. Die Überfahrt wird von Polizeibooten eskortiert. Auch dies eine Maßnahme zum Schutz vor Anschlägen. Nach vielleicht 15 Minuten ist die Überfahrt vorbei. Wir stiegen aus und gingen gleich auf die nächste Fähre zurück nach Manhattan. Dort nahmen wir den Subway bis nach Chinatown (Canal Street) und ließen uns durch die Straßen von Chinatown, Little Italy (Mulberry Street) nach Soho (rund um West Broadway) treiben. In Soho gingen wir u.a. in eine Galerie des Fotografen Peter Lik (www.lik.com). Genial. Solche Fotos möchte man bzw. ich machen können. Man mag es gar nicht glauben, aber es war mittlerweile 19:30. Wir waren seit 10:00 auf den Beinen und Jerry gönnte uns kaum eine Pause. Die Gruppe war auch schon etwas reduziert, da wir den einen oder anderen in den Menschenmassen verloren hatten. Wir nahmen dann wieder den Subway und fuhren noch etwas nördlich, aber ich weiß nicht mehr wohin genau. Dort waren auf jeden Fall eine Menge Restaurants und Jerry kannte ein kleines indischen Restaurant, in dem wir für 12 USD ein Menü mit fünf Gängen bekamen. Dies ist in New York unschlagbar. Ja und dann ging es zur Grand Central Station, dem Hauptbahnhof von New York, in dem einst 1000 Züge pro Tag angekommen und abgefahren sind. Er war und ist wohl der größte Bahnhof der Welt. Das es ein Bahnhof ist, sieht man eigentlich nicht. Alles ist unterirdisch. Oh … da fällt mir ja Stuttgart 21 ein. Wie weit sind wohl mittlerweile die Bauarbeiten? Die Grand Central Station wurde einst gebaut und finanziert von der Familie Vanderbilt, die durch den Eisenbahnbau reich geworden ist. Die gesamte Station ist aus Marmor, es gibt Kronleuchter an den Decken, Werbeanzeigen sind auf Betreiben von Jacky Kennedy verboten bzw. sehr stark reduziert. So ist das Apfelzeichen für Apple sehr dezent und die zwei Restaurants von Michael Jordan, dem ehemaligen Basketball-Superstar, machen gar keine Werbung. Es weiß wohl eh jeder, wem die Restaurants gehören. Die Eingänge zu den Bahnsteigen sind sehr im Hintergrund. Unter der großen Halle gibt es noch einen großen Speisesaal. Sehr schön. Mit dem Shuttle Subway ging es zum Time Square, der teilweise taghell durch die Reklamen erleuchtet wird. Es war 22:30 und Jerry verabschiedete sich von uns. Wir fuhren zurück zum Hostel. Einer der Teilnehmer hat die Tour getrackt und so wussten wir am Ende, dass wir mehr als 30km gelaufen waren. Ich war todmüde und wollte nur noch schlafen.
Heute morgen bin ich dann wieder früh aufgestanden. Ausgeschlafen war ich noch nicht, aber ich wollte mit auf die Harlem Walking Tour, die 8:30 startete und in einer Kirche in Harlem mit Gospelgesang endete. Vom Hostel ging es zu Fuß Richtung Norden nach Morningside Heights. Hier ist u.a. die Columbia University, eine der Top-Universitäten in den USA. Studieren kann man hier, wenn man sehr reich ist und die 60.000 USD pro Jahr bezahlen kann oder sehr arm ist und ein Stipendium bekommen hat. Heute war Einzug der neuen Studenten. Sie wurden von Studenten mit Beifall und Umzugskisten für den Transport der Sachen vom Auto in die Zimmer begrüßt. Baracke Obama hat hier studiert und ist damit bisher der einzige Präsident der USA von der Columbia University. Ich bin also heute auch an dem Haus vorbeigekommen, in dem Barack Obama gewohnt hat und an dem Hinterhof, in dem er seine erste Nacht verbracht hat, weil sein Kumpel, bei dem er wohnen sollte, bei seiner Ankunft nicht zu Hause war. Von der Columbia University ging es durch den Morningside Park nach Harlem. Der Morningside Park galt früher als einer der gefährlichsten Parks von New York. Unser Guide schaute etwas rechts und links des Weges und meinte, dass man immer noch überall Reste von Drogen bzw. Drogen-Assessoires verschiedenster Art finden würde. Und er fand diverse Dinge.   Außerdem sind wir an einigen aktuellen und früheren Jazzclubs vorbeigekommen. Unser Guide zählte verschiedenste Jazz-Musiker auf, die hier gespielt haben. Kaum einen Namen kannte ich. Auch Martin Luther King und Malcolm X waren in Harlem aktiv oder haben hier gewohnt. Bill Clinton hat hier sein Büro. Als Fidel Castro in New York war, hat er in Harlem im Hotel Teresa residiert. Harlem war zuerst eine Siedlung deutscher und holländischer Einwanderer. Heute ist Harlem u.a. wegen der Gospelgesänge bei den Gottesdiensten bekannt. Vor einzelnen Kirchen bilden sich vor Beginn der Gottesdienste Schlangen von Einheimischen und Touristen. Wir gingen in eine kleine Kirche in der 125-ten Straße. Leider waren hier hauptsächlich Touristen beim Gottesdienst und wenige Einheimische. Die Stimmung und die Musik waren trotzdem toll und so konnte ich auf jeden Fall einen Eindruck erhalten, was für eine Stimmung bei so einem Gottesdienst sein kann. Die Frauen, die uns die Sitzplätze in der Kirche zu wiesen, waren wir Krankenschwestern aus früheren Zeiten mit weißen Häubchen und weißen  Handschuhen gekleidet. 
Ich nahm dann den Subway zurück zum Hostel und machte eine ausführliche Mittagspause, in der ich auch meine Bilder aus Ecuador fertig bearbeitet habe, so dass diese nun alle in Flickr sind. Ich musste dann noch einmal zur 5th Avenue zu einem der Banana Republik Läden fahren, denn an der vorgestern gekauften Kleidung war noch die Sicherung dran. Ich aß dann noch eine Kleinigkeit und musste wieder schlugen bei dem Preis. Ich hatte Früchte und Joghurt bestellt, bekam ein kleines Glas und musste 9,50 USD bezahlen. Am Nachmittag bin ich mit dem Hostel zum High Line Park gegangen. Diese Tour war kostenlos. Wir fuhren zusammen zur 34-ten Straße und dann verlor ich die Gruppe im Gedrängel. Dies war mir in dem Moment gar nicht so unrecht und so bin ich allein zum High Line Park gegangen. Der High Line Park liegt in der Westseite von Manhattan zwischen der 30-ten und 12-ten Straße. Es ist ein Park auf den ehemaligen Gleisanlagen des Subways. Der Subway wurde einst gebaut, um den Verkehr von Autos und Zügen auf einem Level zu entflechten und um Güter schneller in den Süden von Manhattan zu bringen. Die Gleisanlagen wurden auf der Höhe der dritten Etage eines Wohnhauses gebaut. Später wurde dann der Zugtransport durch LKWs ersetzt und der Zugverkeher wurde 1980 gestoppt. Kurz vorm Verfall der Gleise kamen Privatleute auf die Idee, die Gleisanlagen für einen Park zu nutzen. Dies wurde wohl in Paris auch schon einmal gemacht. 2002 wurde der sehr nette Park eröffnet. Ich bin bis 12-te Straße gelaufen. Sehr schön konnte man sehen, wie nah die Züge früher an den Wohnhäusern vorbei donnerten. Ich war dann westlich von Greenwich Village. Von dort nahm ich den Subway bis zur 34-ten Straße und ließ mich etwas durch die Geschäfte treiben. Es war schon wieder fast 20:00 als ich am Time Square war. Vergeht die Zeit hier in New York schneller? Natürlich nicht, aber gefühlt ja. 
Ich habe nun noch zwei ganze Tage in New York und werde nicht alles sehen können, was interessant wäre. Es gibt hier einfach zu viel zu sehen und zu tun. Ich werde wohl noch einmal nach New York reisen müssen.
Habe ich nach einem Jahr Mittel- und Südamerika einen Kulturschock hier in New York? Nein, aber manche Dinge fallen mir besonders auf. Da ist die Handynutzung. Ich habe ja seit einem Jahr nicht ständigen also sekündlichen Zugang zum Internet und seit April kein Handy mehr. Ja und hier habe ich das Gefühl, alle können nur noch mit einem Handy in der Hand überleben. Sie schauen sekündlich auf das Handy und tragen das Handy in der Hand als wäre es mit der Hand verwachsen. Im Subway sitzt kaum jemand ohne Handy da. Alle schauen/stieren auf den kleinen Monitor. Auch die Kleidung gewinnt meine Aufmerksamkeit. Die Kleidung ist weniger nützlich sie ist eher auffallend und bei vielen Frauen recht aufreizend und minimalistisch gehalten. Dies ist schon ganz anders als in Mittel- und Südamerika. Die Preise für das Essen hatte ich ja schon erwähnt. Hier zahle ich für ein Essen mehr als für das gesamte tägliche Essen in Mittel- und Südamerika an einem Tag.
See you tomorrow Birgit