Den westlichen Zipfel der Lofoten erkundet
Noch zu gestern: Die Fähre fuhr 13:30 los. Die Überfahrt mit vier Stunden war recht lang. Alle Passagiere saßen in einem Raum, in dem es immer wärmer wurde. Draußen auf Deck war es dagegen kalt. Ich pendelte zwischen drinnen und draußen. Ich traf ein deutsches Radlerpaar aus Karlsruhe wieder, die ich vor 2 Wochen schon einmal auf einem Campingplatz getroffen hatte. Auch ein deutsches Ehepaar, mit denen ich den Polarkreis überquert hatte, saß bei uns. Lange unterhielt ich mich auch mit zwei Holländern, die die Gegend erwandern. 17:45 erreichten wir Moskenes. Die Berge waren auch hier in Wolken gehüllt, aber ab heute Nachmittag sollte sich dies ändern. Wir gingen direkt auf den Campingplatz in Moskenes. Für Wohnmobile war dieser schon ausgebucht und er war wirklich voll. Für Zelte war Platz und wir konnten uns auch etwas ab vom Trubel einen Platz suchen. Wir, das sind die beiden deutschen Radler aus Karlsruhe und ich. Am Abend saßen wir zusammen mit zwei Düsseldörfern, die auch eine dreimonatige Auszeit haben und mit Zelt und Auto durch Skandinavien fahren. Es war ein sehr schöner Abend miteinander.
Die Nacht im Zelt war kühl: 9°.
Heute Morgen verlängerte ich den Aufenthalt auf dem Campingplatz um einen Tag. Frühstückte gemütlich und richtete mich auf einen ruhigen Tag ein. Ich merke, dass dieser Aufenthalt hier für mich sehr emotional ist. Das ist die Gegend, in der ich 2018 das erste Mal in Norwegen war und wo ich angefangen habe, dieses Land und diese Gegend zu mögen.
Mit dem Fahrrad fuhr ich nach Å, das liegt knapp 5 km westlich von Moskenes. Es ist der westlichste Ort der Lofoten, den man mit dem Auto erreichen kann. Im Winter war dies ein recht ruhiger Ort. Im Sommer kommen Touristenbusse und Busse von den Kreuzfahrtschiffen, die in Svolvær halten, für Ausflüge hier her. Also es ist relativ touristisch und überfüllt.
Die Straßen auf den Lofoten sind sehr eng. Es war nicht klar, wie sich diese mit dem Rad fahren lassen. Aber ich muss sagen, die Autos müssen wegen der Kurven und der Enge der Straßen und somit sind sie ausgebremst und können nicht an mir vorbeisausen. Das ist sogar teilweise angenehmer zu fahren, als auf bisherigen Straßen.
Der Ortsname Å bedeutet übersetzt ein Gewässer, was größer ist als ein Bach kleiner ist als ein Fluss. Wir haben wohl im Deutschen dafür kein eigenes Wort. Das Wort ist auch im Schwedischen und Dänischen bekannt.
Ich wollte in das Trockenfischmuseum in Å. Laut Internet war es geschlossen und an der Tür hing auch ein Schild, dass das Museum temporär geschlossen wäre wegen Krankheit eines Angestellten. Wie blöd. Ich stand gerade davor und konnte es eigentlich gar nicht glauben, dass das Museum in der Hochsaison geschlossen ist, da kam eine Reiseleiterin einer Schweizer Reisegruppe. Sie hatte einen Termin für eine Führung für ihre Gruppe. Sie war ganz erstaunt, dass das Museum geschlossen war. Sie holte eine Telefonnummer heraus, rief dort an, bekam eine neue Telefonnummer, ich schrieb sie ihr auf und nannte ihr die Nummer für den nächsten Anruf. Die Tür des Museums öffnete sich. Durch meine tatkräftige Unterstützung der Reiseleiterin öffnete sich die Tür auch für mich. Gemeinsam mit der Schweizer Reisegruppe ging ich ins Museum und konnte auch an ihrer Führung teilnehmen. Perfekt!
Der Kabeljau kommt etwa Januar/Februar aus der Beringsee in die Gewässer der Lofoten, um zu laichen. Laut dem Führer im Museum kommen die Fische mittlerweile einen Monat früher als in früheren Jahren.
Es werden einige Millionen Tonnen Fisch hier pro Jahr aus den Gewässern gefischt. Die größte Fangquote war wohl 1972, da hat man 72 Millionen Tonnen Fisch in der Saison gefangen. Der Fisch wird auf Trockengestellen von Februar an ca. 2-3 Monate getrocknet. Grob Ende März schwimmen die Fische wieder zurück in die Beringsee. Nun im Juli sind die Fische alle schon getrocknet und die Trockengestelle, von denen ich schöne Fotos im Winter machen konnte, sind leer. Ab ca. Ende August geht der Export nach Europa los. 70-80 % des getrockneten Fisches gehen nach Italien. Die Köpfe gehen interessanterweise nach Nigeria. Man fragt sich, warum nach Nigeria? Nigeria war englische Kolonie und England erhielt schon zu Zeiten der Wikingern den Kabeljau aus Norwegen. Die Engländer brachten den Kabeljau nach Nigeria. Da der Fisch kostet und die Köpfe weniger kosten, Nigeria wohl nicht die guten Stücke des Fischen kaufen kann oder will, gehen die Köpfe heute Nigeria. Die Köpfe sind aber wohl gar nicht so schlecht. Zunge und Bäckchen sollen sehr gut schmecken.
Interessanterweise gibt es in Norwegen wohl nur zwei Rezepte, wie man den getrockneten Fisch verarbeitet. Laut dem Führer im Museum gibt es in Italien weitaus mehr wohl über 20.
Ich schaute mir noch etwas Å an und fuhr dann zurück zum Campingplatz. Auf dem Campingplatz aß ich etwas und trank einen Kaffee und fuhr dann in östliche Richtung nach Sakrisøy und Hamnøy, Orte, in denen ich 2018 auch war und in denen Fotos gemacht worden und werden, die in jedem Norwegen-Bildband zu finden sind.
Das Wetter wurde von Minute zu Minute besser, aber ganz verschwanden die Wolken nicht. Nun war die Frage, ob ich auf den Reinebringen gehen soll oder nicht. Der Reinebringen ist einer dieser steilen Berge der Lofoten, von ihm hat man einen wahnsinnigen Blick auf die Inselwelt bei Reine. Eigentlich hatte ich den Berg schon abgeschrieben, da ich keine Wanderschuhe dabei habe und da ich dachte, das der Weg sehr steil und anspruchsvoll wäre. Nun habe ich erfahren, dass Sherpas einen Steinweg nach oben gelegt haben und man nur 1600 Treppen nach oben laufen müsste. Infos auch hier: https://www.forbes.com/sites/davidnikel/2019/07/17/famous-lofoten-hike-in-norway-reopens-with-sherpa-built-steps/amp/
Ich ging zuerst in Sakrisøy in Anitas Seafoodbar. Beim Vorbeifahren heute fiel mir ein, dass ich 2018 gelesen hatte, dass es bei Anita den besten Fischburger gibt, und ich wusste noch, dass ich 2018 diesen auch probiert hatte. Er war wirklich gut. Trotz meiner vegetarischen Ernährung mache ich ja Ausnahmen. Also aß ich einen Fischburger bei Anita und er war wirklich super schmackhaft.
Danach schaute ich zum Reinebringen. Er war nicht mehr in den Wolken, dann wollte ich den Aufstieg wagen. Es war 17:00. Der Aufstieg auf den 448 m hohen Berg war für mich kein Problem. Die Treppen waren gut und breit und mit meinen Barfußlaufschuhen gut zu meistern. Der Abstieg war eher ein Problem. Es geht steil nach oben und wenn man sich umdreht, sieht man schnell die Straße weit unter sich und gefühlt direkt unter einem. Beim Abstieg würde man also direkt immer in den Abgrund runterschauen. Die Vorstellung fand ich nicht so prickelnd. Ich stieg aber erst einmal auf. Die Aussicht belohnt einen und ist phänomenal. All die kleinen Inseln rund um Reine liegen unter einem und man kann tief in einzelne Bergtäler schauen. Ich genoss diese Aussicht und machte mich hochkonzentriert an den Abstieg. Da man eh aufpassen musste, wohin man tritt, weil auch die Stufen relativ hoch sind, war gar keine Zeit in den Abgrund zu schauen. Also der Abstieg lief viel besser als gedacht. Wunderbar.
Ich fuhr zurück zum Campingplatz, kochte und freute mich über den tollen Tag.