Wenn der Pizza-Appetit den Tag bestimmt
Heute Morgen schien die Sonne über Svensby, aber es war nur ein Wolkenloch, zwar ein größeres, aber später bedeckten Wolken den Himmel und hüllten auch einige Berggipfel der Lyngenalpen ein.
Ich habe mich sehr gefreut, dass ich heute wieder mit dem Fahrrad weiterfahren konnte. Es ist nicht so, dass mir die Ruhetage und die Aktivitäten in den Tagen nicht gefallen haben, aber ich habe ja eine Idee und die möchte nun auch umgesetzt und beendet werden.
Die Idee war ja, so lange nach Norden zu fahren, solange ich Lust habe und es Spaß macht. Am Anfang hätte ich ja nie gedacht, dass ich einmal wirklich im Norden von Norwegen mit dem Fahrrad unterwegs sein werde. Nun ist es aber so und nun ist es auch so, dass ich ans Nordkap möchte.
Ich wachte früh auf, vermutlich wegen der Aufregung, frühstückte, richtete mein Taschen und mein Fahrrad und fuhr los. Zuerst fuhr ich 22 km bis nach Lyngenseidet. Um 9:15 Uhr nahm ich die Fähre nach Olderdalen. Es ist die letzte Fähre auf der Strecke zum Nordkap. Das Wasser des Lyngenfjords, den die Fähre überquert, war ganz ruhig. Die hohen Gipfel der Lyngenalpen waren, wie schon erwähnt, in den Wolken. Die Berge und einige Gletscher sah man trotzdem. Langsam fuhr das Boot über den Fjord.
Ich sah einen Papageientaucher. Er war vermutlich aufgetaucht, sah das große Schiff und erschreckte sich. Normalerweise fliegen die Papageientaucher weg, wenn ein Boot kommt, oder sie tauchen ab. Dieser Papageientaucher kam aber nicht aus dem Wasser oder hatte irgendwie vergessen, dass er tauchen kann. Mit vielen Flügelschlägen und fast auf dem Wasser laufend versuchte er, vom Schiff weg zu kommen, was ihm dann auch gelang.
Ab Olderdalen geht nun der Radweg auf der E6. Es gibt keine Alternative. Die E6 ist die Fernverkehrstraße, die sich durch ganz Norwegen zieht. Nördlich von Oslo habe ich sie immer wieder überquert oder bin parallel zu ihr gefahren. Da war sie mehrspurig. Hier ist sie zwar immer noch die Hauptverkehrsstraße, aber es gibt eine Spur in jede Richtung und der Verkehr darauf war auf jeden Fall heute nicht so arg. Es war nicht unangenehm, auf der E6 zu fahren.
Erst im März bin ich diese Strecke mit dem Auto gefahren. Ich kann mich an ein Gespräch mit Claudi im Auto erinnern. Wir meinten, dass die Strecke ganz schön bergauf und bergab geht. Ich sagte damals, wenn ich je mit dem Fahrrad hier ankomme und die Straße fahren würde, dann wäre ich trainiert und dann würde ich das bergauf und bergab schon schaffen. Interessanterweise würde ich die Strecke heute als flach bezeichnen.
Die Strecke führte entlang des Lyngenfjords immer mit Blick auf die Lyngenalpen. Dann bog die Straße Richtung Osten ab und ich wollte hier in Rotsundelv eigentlich meine Tagestour beenden. Blöd ist nur, wenn man weiß, dass 15 km weiter es ein Café ist, in dem es leckere Pizzen gibt. Der Pizza-Appetit siegte. Ich fuhr weiter. Klar war damit auch, dass ich noch 270 Höhenmeter schaffen musste. Das ist der Teil der heutigen Tagesetappe, den ich natürlich nicht als flach bezeichnen würde. Also kurz vorm Ende der Tour ging es bergauf bis zu einem Tunnel. Radfahrern und Fußgängern ist die Durchfahrt bzw. der Durchgang durch diesen über 4 km langen Tunnel verboten. Es gibt eine wunderschöne Umgebungsstraße, die alte Straße bevor der Tunnel gebaut wurde, die aber noch ein paar Höhenmeter parat hatte. Das Tunnelportal ist auf ca. 105 m und der höchste Punkt des Radweges ist auf 270 m. Nachdem ich den höchsten Punkt des Radweges erreicht hatte, blickte ich in einen neuen Fjord, den Reisafjord. Dann genoss ich die Abfahrt, stoppte an einem Wasserfall und für Fotos über den Fjord und die Inseln. Eine Viertelstunde später saß ich im Café „På taket“. Das Handy hatte sich schon ins WLAN eingewählt, denn hier war ich ja schon im November letzten Jahres und im März diesen Jahres. Es gibt keine Speisekarten, sondern die Karte ruft man sich im Internet auf. Die Pizza war schnell bestellt und schmeckte wieder sehr gut.
Weiterfahren wollte ich nun nicht mehr. Der Campingplatz, der in OpenStreetmap noch eingezeichnet ist, den gibt es nicht mehr. Ich nahm ein Zimmer in einem Gästehaus. Später ging ich zum kleinen Hafen von Sørkjosen. Die Sonne schien, das Wasser des Fjords war ganz ruhig, die Möwen schimpften.
Ortsschilder sind nun teilweise dreisprachig. Zum Beispiel steht auf dem Ortsschild von Sørkjosen: Sørkjosen – Reaššegeahči – Rässikäinen.
Sørkjosen ist Norwegisch.
Reaššegeahči ist Nord-Sami, das ist die am meisten gesprochene Sami-Sprache im Norden von Norwegen, Schweden und Finnland und wird von 15.000 bis 25.000 Menschen gesprochen.
Rässikäinen ist Kvenisch, eine Sprache aus der finnischen Sprachgruppe. Die Sprache wird von den Kvenen, eine ethnische Minderheit in Norwegen, gesprochen. Sie sind Nachfahren finnischer und samischer Bauern und Fischer, die im 18. und 19. Jahrhundert von Finnland und Schweden nach Nordnorwegen einwanderten.
Und zuletzt noch ein Update zur Vegetation am Straßenrand: Lupinen sieht man nur noch selten. Die Knabenkräuter sind auch noch da, aber verblühen langsam.
Jetzt dominiert das Purpur des Schmalblättrige Weidenröschen und das Weiß des Mädesüsses.