Gestern hatte ich hier in Lima eine Werbung gesehen, die ich heute morgen gegoogelt habe. „El fútbol es la única religión que no tiene ateos.“ (Der Fussball ist die einzige Religion, die keine Atheisten hat.) Dieser Spruch wurde von dem Journalisten Eduardo Galeano aus Uruguay geäußert. Dies war doch die richtige Einstimmung für den heutigen Tag.
Heute Vormittag habe ich zuerst einen Spaziergang durch die Altstadt von Lima gemacht. Die ehemals prachtvolle Kolonialstadt erkennt man, aber über allem liegt ein grauer Schleier. Dieser wird noch verstärkt durch den grauen Himmel aus Smog, Nebel und dicken Wolken. Das Ganze hat einen Namen: Garúa. Im Winter ist Lima jeden Tag bedeckt von diesen dicken fetten Wolken, die keinen Sonnenstrahl durch lassen und alles trist erscheinen lassen. Garúa fand auch Eingang in die Literatur. Ich habe gelesen, dass u.a. Herman Melville in Moby Dick oder auch Mario Vargas Llosa, der Nobelpreisträger für Literatur aus Peru, über Garúa schrieben. In dem Text über Garúa war dann noch die Frage gestellt, warum die Spanier hier ihre Hauptstadt für die Andenregion gründeten. Die Antwort ist einfach. Lima wurde am 18.Januar 1535 gegründet, d.h. im Sommer. Im Sommer ist in Lima wohl blauer Himmel und Sonnenschein und man kann davon ausgehen, dass die Spanier nicht wussten, was für triste Winter es hier gibt.
Bei meinem Spaziergang durch Lima bin ich auch durch das chinesische Viertel gekommen. Es ist wohl eines der größten von Südamerika. Dort gibt es eine Straße, in dieser sind alle Pflastersteine mit Gravuren versehen, die Hochzeiten, Geburten und Jubläen verkünden. Warum dies so ist, habe ich nicht herausgefunden.
Nach dem Spaziergang wurde es Zeit, nach Miraflores zu fahren. Ich nahm wieder ein Taxi und ging zuerst ins Café Kulcafe, um eine Bratwurst zu essen. Die Bratwurst war super und sie wurde stilecht in einem Brötchen serviert. Damit es noch ein wenig exotisch blieb, trank ich dazu einen frischen Mangosaft. Dies war eine gute Einstimmung für das WM-Finale. Die erste Halbzeit schaute ich in einem der Touristen-Restaurants. Rings um mich waren Fans von Argentinien und meiner Ansicht nach nur wenige Deutschland-Fans. Zwei Mädchen zeigten mir ihre Gesichter, die durch einen roten und gelben Streifen verziert waren. Ich brauchte etwas bis ich begriff, dass dies die schwarz-rot-goldene Deutschland-Fahne sein sollte und sie aber irgendwie das Schwarz vergessen hatten. Nett. Ich konnte kaum stillsitzen, so aufgeregt war ich. Die zweite Halbzeit schaute ich deshalb außerhalb des Restaurants im Stehen. Vorm Spiel sagte ich mir, dass es in zwei Stunden vorbei ist und dass ich zwei Stunden Aufregung schon irgendwie aushalten kann. Aber dann kam die Verlängerung, so ein Mist, dies waren ja noch einmal 30 Minuten Aufregung. Erlösend und schön war das 1:0 und da zeigte sich, dass doch mehr Leute für Deutschland waren als ich dachte. Es gab aber auch einige sehr bedrückende Gesichter bei den Fans von Argentinien. Ein betrunkener Peruaner hatte nichts besseres zu tun, als „Heil Hitler“ zu rufen. Drei Amerikaner stellten sich als echte Deutschland-Fans heraus. Sie trugen die richtigen T-Shirts und zogen mit einer Deutschland-Fahne singend durch Miraflores. Ihr „Deutschland, Deutschland…“ wurde zu „Deutschländ, Deutschländ…“ und klang mehr als schräg, aber den Peruanern gefiel es und sie wollten sich unbedingt mit den feiernden „Deutschen“ fotografieren lassen. Deutschland ist also Weltmeister. Sehr gut!
Hasta mañana Birgit