Regen, Wind und der berüchtigte Nordkaptunnel
Ich konnte diese Nacht die Hütte total verdunkeln und schlief sehr gut. Ich erwachte erst kurz vor 8:00 Uhr.
Es regnete in der Nacht und auch den ganzen Vormittag. Die Wettervorhersage war so, dass es gegen Mittag besser werden sollte.
Ich fuhr in voller Regenbekleidung los. Es regnete mal mehr und mal weniger, aber es hörte nie auf. Der Wind war nicht so stark wie gestern, aber auch er war immer da und auch er mal weniger stark und mal stärker. Mit diesem Mix aus Wind und Regen fuhr ich die ersten 31 km bis zum Nordkaptunnel. Ich stoppte ab und an, aber eine wirkliche Pause machte ich nicht. Es gab auch nirgends eine Möglichkeit zum Unterstellen und im Regen pausieren ist blöd.
Ich freute mich auf den Nordkaptunnel. Dort würde es windstill und trocken sein. Meine Idee war, direkt am Eingang eine Pause zu machen. Nach 31 km erreichte ich den Tunnel. Fürs Pause machen war kein Platz in der Einfahrt vorgesehen. Also erst einmal in den Tunnel rein und an der ersten Parkbucht angehalten und eine Pause gemacht.
Schon bei der Fahrt zum Tunnel war mir aufgefallen, dass heute bei dem schlechten Wetter recht wenig Autos unterwegs waren.
Der Nordkaptunnel ist unter Radfahrern bekannt, unbeliebt und berüchtigt: laut, schlechte Fahrmöglichkeit für Radfahrer, viele Autos, 3 km bergab und 4 km bergan.
Ja und wie so oft hat alles zwei Seiten: das schlechte Wetter war grundsätzlich blöd, aber dadurch waren viel weniger Autos unterwegs und im Tunnel. Also meine Pause in der ersten Parkbucht machte ich in totaler Stille. Auf der Abfahrt überholten mich 3 Autos und genauso viele kamen mir entgegen. Man fährt 212 m unter den Meeresspiegel und muss diese dann wieder rauffahren. Die Auffahrt war anstrengend, aber da weiter wenig Autos im Tunnel waren, gut mit Zwischenstopps machbar. Laut sind im Tunnel einmal die Autos und, wie ich von anderen Radfahrern weiß, auch die Turbinen, die die schlechte Luft raus und die gute Luft in den Tunnel bringen sollen. Die Turbinen waren heute ausgeschaltet, vermutlich waren sie wegen des geringen Verkehrs nicht notwendig. Also ich hatte einfach mal wieder Glück.
Nach 7 km fuhr ich aus dem Tunnel raus und ich musste erst einmal einen Jubelschrei loslassen. Ich hatte es geschafft! 500 m weiter ist ein Rastplatz. Hier setzte ich mich in einen Unterstand, atmete tief durch und nachdem sich die Aufregung gesetzt hatte, aß ich ein Vesper.
Als ich den Rastplatz verließ, traf ich einen Berliner Radler, der hier übernachtet hatte und wir fuhren quatschend zusammen nach Honningsvåg.
Auf der anderen Seite des Nordkaptunnels hingen die Wolken tief, es nieselte ganz wenig und war fast windstill. Wir sahen auch wieder eine Herde mit weiblichen Rentieren und ihren Kälbern.
Kurz vor Honningsvåg gibt es noch einmal einen 4,4 km langen Tunnel. Nachdem ich aus dem Tunnel rausfuhr, sah ich Honningsvåg. Der nächste Jubelschrei kam aus mir hervor. Ich bin nun ca. 30 km vorm Nordkap entfernt.
Ich verabschiedete mich vom Berliner Radler und bog zur Jugendherberge ein. Ich wusste, dass dort die beiden Radler aus Nürnberg sind, Roswitha und Hans, von denen ich mich in Tromsø verabschiedet hatte. Ich freute mich auf unser Wiedersehen. Ich war noch am Klären, wo ich mein Fahrrad abstellen kann und schon traf ich sie. Was für eine Freude! Sie luden mich zum Essen zu Schinkennudeln ein. Dankeschön dafür!
Zuerst musste ich aus den nassen Sachen. Ich war draußen nass vom Regen und innen vom Schwitzen. Nun hängt alles in meinem Zimmer zum Trocknen. Die warme Dusche schätze ich heute besonders.
16:00 trafen wir uns zum gemeinsamen Kochen und Essen in der Küche der Jugendherberge.
U.a. war auch die Wettervorhersage für die nächsten Tage Thema und die Frage, wann sollte ich ans Nordkap starten. Da die Vorhersage immer erst kurz vorher hier wirklich zuverlässig ist, muss ich sie weiter beobachten, aber eventuell gibt es morgen ein Fenster mit weniger Wind und Chance auf etwas Sonne. Es sind nur noch 30 km bis zum Nordkap aber ca. 600 Höhenmeter.