Bergen – Stavanger

På gjensyn, Norwegen.

Meine letzten Zeilen gestern waren u.a. zum Unwetter in Südnorwegen und der Annahme, dass ich nicht betroffen bin, da ich auf dem Seeweg unterwegs bin. Wie man sich täuschen kann. Heute Nacht erhielt ich eine E-Mail, dass die Fähre nach Hirtshals 5 Stunden später fahren wird. Als Ursache waren die Unwetter angegeben, die die vorherigen Fährfahrten beeinflusst hatten.

Ein weiterer Punkt war heute anders, als gedacht. Ich bin in Bergen, der regenreichsten Stadt von Norwegen und habe heute blauen Himmel und Sonnenschein. Erst zur Abfahrt der Fähre nach Dänemark wurde es wieder bewölkt und später nieselte es auch.

Also frühstückte ich gemütlich. Hektik war überhaupt nicht notwendig. Ich hatte Zeit ohne Ende. Nun hatte ich auch Zeit, in das Bryggen-Museum zu gehen. Dies hätte ich bei regulärer Abfahrt der Fähre nicht geschafft.

Also habe ich jetzt aus dem Museum ein paar Informationen:

Bryggen ist, wie ich gestern schon geschrieben habe, das alte hanseatische Viertel in Bergen. Seit 1100 entstanden hier in der Bucht die ersten Handelshäuser. Die Häuser wurden immer aus Holz gebaut. Grob gesehen alle 50 Jahre brannte entweder das gesamte Viertel oder ein Teil davon ab. „Jedes Mal haben verzweifelte Bürger gekämpft, um sich und ihre Habseligkeiten zu retten. Jedes Mal ist die Stadt aus der Asche auferstanden.“

„Anders war es 1955. In einer schicksalhaften Julinacht 1955 fängt Bryggen wieder Feuer. Diesmal ist jedoch etwas anders. Unter dem Knistern der Flammen in den neun nördlichsten Gebäudereihen sind die Schreie eifriger Zuschauer zu hören: „Lasst es zu Boden brennen, die ganze verfaulte Menge davon!“ Die Einheimischen nennen es „Tyskebryggen“, den deutschen Kai. Es trägt das Gewicht von fünf Jahren deutscher Besatzung und dem Vermächtnis des Hanseamtes.“

Aber auch das Abbrennen hatte etwas Positives. Erstmals haben Archäologen begonnen Schicht für Schicht auszugraben. „Zeit: Minuten, Wochen, Jahre, Jahrhunderte und Jahrtausende. Aber die Zeit kann auch in Zentimetern, Dezimetern und Metern, in Kubik und Volumen gemessen werden. Schicht um Schicht der greifbaren Vergangenheit. Massen von Boden, Kies, Sand und Ton, die regelmäßig mit Spuren alltäglicher Aufgaben vermischt werden. Die jüngsten Schichten oben, die ältesten unten.“ „Schrottleder stapelt sich immer wieder in der Werkstatt des Schuhmachers, wo Häute in Schuhe aller Größen und Formen verwandelt werden. Staub und Schmutz werden aus der Haustür gefegt. In den Toiletten führen die Menschen ihr Geschäft. Ein Krug Wein rutscht durch jemandes Finger und verschwindet über die Bootsschiene, in die Tiefe. Ein Feuer zwingt Jung und Alt alles, was sie tragen, fallen zu lassen und zu fliehen. Es ist nur noch eine dicke Ascheschicht übrig. Bald werden neue Gebäude auf den alten errichtet.“ „Die Gerüche des Mittelalters werden allmählich versiegelt. Langsam wird die Gegenwart zur Vergangenheit, während das Bodenniveau leise und unmerklich ansteigt. Fünfhundert Jahre sind in einer Erdmauer ersichtlich.“

Bergen war die größte Stadt Skandinaviens. „Die Stadt könnte im frühen 14. Jahrhundert bis zu 8.000 Einwohner gehabt haben. Die Mehrheit von ihnen sind Männer: Kaufleute und reisende Handwerker, Arbeiter und Diener, Adlige, Priester und Mönche. Frauen versuchen auch ihr Glück – als Gastwirte und Landfrauen, die Mädchen, Nonnen, Hausfrauen und Prostituierten dienen. Sie kommen aus Deutschland, England, Island, Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Frankreich, Grönland, den Orkneys, den Färöischen Inseln und Gotland – und sie alle hinterlassen ihre Spuren in der Stadt, zum Guten oder zum Schlechten. Wenn sich Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Bräuchen treffen, kommt es zu Auseinandersetzungen, Kämpfen und Morden. Aber häufiger interagieren die Menschen friedlich. Wenn es Gefahren gibt, stehen Besucher und Einheimische Schulter an Schulter.“

„In Bryggen übernimmt das Hanseamt ein Gebäude nach dem anderen. Den Kaufleuten ist es verboten, norwegische Frauen zu heiraten, und es entwickelt sich eine all-männliche Gesellschaft. Trotzdem verdienen einige dienende Mädchen hier immer noch ihren Lebensunterhalt. Und es gibt viele Männer, die die Gesellschaft von Frauen und das Familienleben genießen. Kein Wunder also, dass Kinder herumlaufen.“

„In Norwegen ist das Mittelalter der Name, der der Zeit nach den Wikingern gegeben wurde. Die Menschen hören auf, an die alten Götter wie Thor und Odin zu glauben. Stattdessen gehen sie in die Kirche. Die meisten Menschen leben auf dem Land. Sie essen viel Brei, Fladenbrot und Fisch, und sowohl Erwachsene als auch Kinder trinken Bier.“

„Alle Besitztümer – Kleidung, Schuhe, Spielzeug, Töpfe und Teller – werden verwendet, bis sie abgenutzt sind. Wenn etwas repariert werden kann, kann es etwas länger verwendet werden. Dennoch stapelt sich immer wieder Müll, besonders in der Stadt. Müll wird auf die Straße, in den Hinterhof und ins Meer geworfen. Hin und wieder bricht ein Feuer aus. Die Menschen werden dann den größten Teil der Trümmer beseitigen und neu auf dem alten bauen.“

Es gibt einen Fund der Archäologen der heraussticht: Teile eines stattlichen Handelsschiffes, das sogenannte Bryggen-Schiff. Es muss 40 Meter lang gewesen sein und eine Tragfähigkeit von mindestens 120 Tonnen gehabt haben.

„Bergen zieht ausländische Handelsschiffe an und bringt Getreide, Stoff, Pelz, Bier, Gewürze und Bernsteinschmuck sowie Waren aus der umliegenden Landschaft, aus Nordnorwegen und Norwegens Inselkolonien im Westen mit. Fische, Kabeljau-Leberöl und andere Fischprodukte, Holz, Häute, Leder, Mühlsteine, Schleifsteine, Butter und auch Falken gehören zu den Waren, die von Bergen in andere Häfen verschifft werden.“

„Große Teile Europas bestehen aus flachem Land. Dörfer, Städte, Kirchen und Klöster sind durch einfache Straßen miteinander verbunden. Flüsse sind auch wichtige Transportwege, genau wie das offene Meer. Shuttle-Schiffe segeln hin und her. Die Hanse, eine Konföderation deutscher Kaufleute, wird immer stärker. Ihr Handelsbüro in Bryggen gewinnt schließlich die Kontrolle über den norwegischen Getreide- und Salzimport sowie den Fischexport und erhält ein Monopol auf den Handel mit Nordnorwegen. Durch ein breites und miteinander vernetzte Handelsnetz finden exotische Luxusartikel ihren Weg in dieses kleine Königreich im Norden: ein Kamm aus Elfenbein, ein Walrossschädel aus Grönland, ein italienisches Weinglas, Seidenfäden und Töpferei aus Deutschland, England, Frankreich, Spanien und Syrien. Norden, Süden, Osten und Westen versammelten sich in einer Stadt.“

Wer bis hierhin gelesen hat, weiß sicher nun, dass mir das Museum sehr gut gefallen und dass ich dann doch auch viel Wartezeit auf das Schiff nach Dänemark hatte.

Nach dem Museum bin ich mit dem Rad durch verschiedene Stadtviertel gefahren. Es gibt auch abseits der Touristenrouten und der Weltkulturerbestätte sehr schöne Viertel mit gepflasterten engen Straßen und kleinen netten Holzhäusern.

Gegen 15:00 bin ich dann aber doch schon zum Terminal gefahren. Als ich vor ein paar Tagen auch diese Fahrt um 8 Tage verschob, war keine Kabine mehr frei und ich konnte nur einen Sitz reservieren. Aber bei diesem Telefonat wurde mir schon mitgeteilt, dass es am Abfahrtstag Kabinen geben würde. Und so ist es auch, ich werde in einer Kabine nach Dänemark reisen.

An der Fähre traf ich wieder Radler. Dieses Treffen war aber anders als die Treffen mit dem Nordkap-Radlern. Wir Nordkap-Radler waren immer alle recht euphorisch. Die Stimmung hier war etwas gedrückt. Die Regenfälle, die ich alle nicht mitbekommen habe, haben ihre Reisen bestimmt. Sie hatten wenige trockene Stunden, meistens hat es geregnet. Einer bricht seine Radtour durch Norwegen ab und plant durch Dänemark zu fahren, mit der Hoffnung, dass das Wetter besser ist. Was hatte ich für ein Glück mit dem Wetter!

Gegen 17:00 kam die Fähre „Bergensfjord“ an und gegen 18:10 verließen wir Bergen. Hier der Link zum Schiff: https://www.myshiptracking.com/de/vessels/bergensfjord-mmsi-219348000-imo-

Damit verlasse ich nun nach knapp 8 Wochen Norwegen, deshalb „Auf Wiedersehen!“ oder „På gjensyn!“.

Unsere letzte Station heute Abend und der einzige Stopp überhaupt auf der Fahrt nach Hirtshals wird Stavanger sein.

Bergen – das Bryggen-Viertel
Bergen – schöne Viertel auch abseits der Touristenströme