6:30 klingelte der Wecker. Rogelio, unser Guide, der auf Matratzen auf dem Boden geschlafen hat, bereitete das Frühstück vor. Es gab Porridge mit Früchten und Nüssen und Rosinen sowie Kaffee und Tee. Sicher nicht mein Lieblingsfrühstück, aber für einen Wandertag ein gutes Frühstück. Ca. 8:30 liefen wir los. Der heutige Tage gestaltete sich teilweise etwas schwierig. Die kleine Bolivianerin erzählte mir gestern morgen, dass es ihre erste Wanderung sei. Innerlich dachte ich gestern „Oh“. Und alle Befürchtungen, die in diesem „Oh“ lagen, sind heute eingetreten. Sie hat die falschen Schuhe, der Rucksack passt nicht und sie ist konditionell nicht gut drauf. Nach dem gestrigen Tagen hatte sie wohl heute morgen überall Schmerzen und auch Blasen an den Füßen. Schon beim Verlassen von Maragua und des Kraters war schnell klar, dass der heutige Tag für sie eine Tortur werden würde. Sie schleppte sich den Weg entlang, wir warteten immer wieder, ihre Blasen wurden unterwegs versorgt und der Guide trug auch zeitweilig noch ihren Rucksack. Es war schlimm anzusehen, aber wir konnten nichts tun. Für uns war die Sache in der Art unangenehm, dass wir viel zu viele Pause machten und wir oder bzw. ich dann immer wieder aus meinem Laufrhythmus kam, dies machte es auch anstrengender als es war. Die ganze Sache überschattete etwas den Tag, aber trotzdem war es wieder ein toller Tag. Also wir verließen den Maragua-Krater. Wir kamen vorbei an Höfen und plötzlich tauchten immer wieder Frauen, Männer oder Kinder auf, die Tiere trieben, Kühe, Esel, Ziegen und Schafe. Schon gestern hatte ich bemerkt, dass die Frauen sich wegdrehten oder die Hand vor das Gesicht hielten, wenn ich sie und die Tiere fotografieren wollte. Aber mir war schnell klar, dass hier fotografiert werden, nicht angesagt ist. Unser Guide gab einigen der Frauen, Männer und Kinder von seinen Coca-Blättern ab. Meistens landeten diese in einer grünen Plastiktüte, da Coca-Blätter scheinbar immer in einer grünen Plastiktüte sind. Einmal landeten die Coca-Blätter im Hut einer alten Frau. Die Coca-Blätter wurden etwas gedrückt und dann wurde der Hut aufgesetzt. Die Coca-Blätter fielen dabei nicht heraus. Die Frau war so alt, dass sie diese Methode des Coca-Blätter-Transport wahrscheinlich schon jahrelang praktizierte. Da unser Guide sehr vielen Leuten Coca-Blätter gab, kam mit kurz in den Sinn, dass wir hier die Drogendealer sind, die den Kunden ihren Stoff brachten. So ist es natürlich nicht, aber es wirkte so. Wir kamen dann nach Niñu Maya, dort gibt es Fußspuren verschiedener Dinosaurier zu sehen. Es ist nicht nur ein einzelner Abdruck, sondern man sieht eine richtige Spur. Außerdem wird jedes Jahr Erde und Pflanzen in der Regenzeit weggespült, so dass immer mehr Fusspuren der Dinosaurier, die sich auf einer Steinebene befinden, die unter der heutigen Erde und den Pflanzen ist, sichtbar werden. Beeindruckend. In der Nähe konnten wir Mittagessen. Bei einem Hof einer Familie, in dem auf der Wäscheleine gerade Fleisch getrocknet wurde, gab es einen schattigen Platz mit Ausblick. Wir aßen gefüllte Tortilla. Einfach aber gut. Danach ging es auf den langen und eigentlich nie schattigen Weg nach Potolo, der sich dann doch etwas zog. Unterwegs sahen wir nicht einen Condor über uns schweben. Als die Sonne hinter den Bergen verschwand, kamen wir in Potolo an. Wir übernachten auch diese Nacht in Cabañas, in den Cabañas „Jalq’a Wasi“. Auch heute waren diese verschlossen und unser Guide musste zuerst den Schlüssel irgendwo im Ort holen. Die Cabañas hier in Potolo sind im gleichen Baustil wie die gestern in Maragua. Wie wir gerade erfahren haben, wurden diese von einer amerikanischen Organisation gebaut und den Dörfern übergeben, so dass diese Touristen empfangen können und die Gemeinschaft des Ortes Geld damit verdienen kann. Die Cabañas gestern waren einfach, aber in Ordnung. Hier in Potolo sind die Cabañas irgendwie ihrem Schicksal überlassen. Hier fehlt eine pflegende und ordnende Hand. Es liegen Matratzen, Kissen und Decken rum. Alle Stühle und Bänke waren z.B. in einer der Cabaña übereinander gestapelt, statt in jeder Cabaña einen Essbereich zu bilden. Wir mussten also erst einmal Stühle und Tische und Bänke in unsere Cabaña tragen. Die Schlafzimmer sind aber eingerichtet. Ich teile mir wieder mit der kleinen Bolivianerin das Zimmer. Unser Guide kochte für uns das Abendessen. Es gab Nudelsuppe und Pasta mit Gemüse nach bolivianischer Art. Es war wieder sehr gut. Und zum Nachtisch gab es Schokolade.
Warum schreibe ich immer kleine Bolivianerin? Na sie ist 19 Jahre, der Guide ist 25 und die beiden Franzosen sind 24. Da könnte ich mich ja fast alt fühlen… tue ich aber nicht.
Hasta luego Birgit