Was für ein Tag! Ich bin heute voll von Eindrücken und habe das Gefühl in einer anderen Welt heute zu sein. Aber alles der Reihe nach…
Recht früh so ca. 6:00/6:30 wurde ich schon wach durch laute Musik und Feuerwerkskörper. Die Pension Casa Conchita ist mitten im Ortszentrum genau neben der Kirche Santo Tomas. Irgendwann bin ich aufgestanden und wollte frühstücken gehen. Die Restaurants, die ich mir gestern dafür ausgeguckt hatte, waren alle geschlossen. Also bin ich zum Platz vor der Kirche. Normalerweise war gestern ja hier Markttag, aber heute waren irgendwie genau so viele Marktstände aufgebaut und boten ihre Waren an. Auffällig war, dass es gestern eher touristische Waren gab und heute eher die Dinge für den normalen Hausgebrauch. Ja und auf dem Platz tanzten schon zwei Gruppen bei der lauten Musik. Eine Gruppe hatte Fantasiekleidung an und die Tänzer der anderen Gruppe waren wie Mexikaner gekleidet. Alle Tänzer trugen Masken vorm Gesicht. Die Choreographie war nicht besonders auffällig, aber die Ausdauer ist erwähnenswert, denn jedes Mal wenn ich heute dort vorbei lief, tanzten sie noch immer. Ich bin auf dem Markt zu einem kleinen Essstand und habe gefrühstückt. Nach einem Kaffee in einem besseren Hotel war mein Frühstück perfekt und ich bin wieder zum Markt und gerade zog wieder eine Prozession durch die Straßen. Die Tragen mit den drei Heiligen San Sebastian, San Pedro und Santo Tomas, die gestern schon durch die Straßen getragen wurden, waren heute auch in der Prozession. Außerdem wurden weitere ca. 12 Heilige auf kleineren Tragen durch die Straßen getragen. Die Prozession wurde wieder von vielen Frauen und Männer in traditioneller Kleidung begleitet. Die Prozession stoppte immer wieder und dann zündeten Männer Feuerwerkskörper. Diese waren selbst gemacht. Es war jeweils ein in Packpapier gewickelt Bündel, welche in Metallrohre gesteckt und angezündet wurde. Die Feuerwerkskörper waren laut ebenso die Musik, irgendwann bin ich mit Ohrstöpsel durch die Straßen gelaufen, dadurch erschreckte ich nicht mehr so arg, wenn wieder irgendwo ein Feuerwerkskörper gezündet wurde und die Lautstärke war, wesentlich besser zu ertragen. Die Prozession endete dort wo sie begonnen hatte und zwar an der Kirche Santo Tomas. Die drei großen Tragen wurden vor dem Kircheneingang postiert und während des Tages wurden davor Kerzen gestellt und angezündet, gebetet und in den Mantel der Heiligen wurden Geldscheine gesteckt.
Gestern saß ich längere Zeit in der Kirche Santo Tomas und habe die Rituale beobachtet. Es ist hier nicht ganz so wie in Chomula bei San Christobal de las Casas. Ich habe hier keine Hühner oder Coca Cola zum Rülpsen gesehen. Ich habe mehrere Frauen und Männer beim Beten beobachtet. Sie hatten alle viele Kerzen, Blumenblüten und Schnaps dabei. Im Mittelgang der Kirche sind kleine Podeste. Die Frauen und Männer starteten die Gebete am Altar und gingen dann zum ersten Podest vor dem Altar. Dort zündeten sie als erstes die Kerzen an und stellten sie auf, dann streuten sie die Blumenblüten zwischen die Kerzen und beträufelten alles mit etwas Schnaps. Dann sprachen sie ihre Gebete. Bei allen sah es so aus als würden sie mit den Kerzen sprechen und ihre Gesten waren dabei sehr ähnlich. Wenn sie fertig waren, gingen sie zum nächsten Podest und das Ganze wiederholte sich. Dann ging es zum nächsten Podest und wieder das Gleiche und so weiter. Auch vor der Kirche direkt wurden schon Blechdosen mit Weihrauch geschwenkt und Gebete verrichtet.
Ich aß heute ein ganz typisches Essen für Guatemala für diesen Tag. Fiambre. Fiambre ist ein kalter Salat und es ist irgendwie alles drin. Entstanden soll das Gericht wie folgt. In Guatemala geht man ja am ersten November auf den Friedhof zum Feiern geht und da nimmt man auch etwas zum Essen mit. Die Familien essen dann am Grab ihrer Vorfahren. Es werden die Speisen zwischen den Familien geteilt und ausgetauscht und da jede Familie etwas anderes mitgebracht hat auf den Friedhof, wurde es am Ende ein Gemisch aus diversen Salaten und so ist der Fiambre heute. Restaurants bieten ihn meistens nur in diesen Tagen an. Als ich meinen Fiambre heute aß, in dem Restaurant, welches zu meiner Pension Casa Conchita gehört, kamen einige Familien mit Töpfen an und kauften den Fiambre. Der erste und zweite November sind Familientage hier in Guatemala auch einige Geschäfte, Banken und Restaurants haben zu.
Ja und auf dem Friedhof war ich heute natürlich auch noch einmal. Die Straße zum Friedhof war gesäumt mit Händlern, die Blumen, Blumenblüten, Pienennadeln und Kerzen anboten. Also all die Dinge, die man heute auf dem Friedhof brauchte. Fast alle Gräber, die nur ein Betonkreuz hatten, waren mit Pieniennadeln und Blumenblüten bedeckt. Die Gräber, die wie kleine Häuser gebaut waren, waren oder wurden frisch gestrichen und rundum waren Piniennadeln und Blumenblüten gestreut. Auf allen lagen frische Blumen. Familien saßen auf oder zwischen den Gräbern, Kinder standen auf den Gräbern und ließen Drachen steigen, Eisverkäufer verkauften Eis, Familien schlenderten über den Friedhof. Es war Volksfeststimmung. Es gab auch eine Stelle, an der die Luft mit Weihrauch durchsetzt war, kleine Feuer und Kerzen brannten. Vorm Friedhof habe ich dann eine ganz einfaches Volksfestspiel gesehen. In einem Kinderplastikschwimmbecken mit Wasser schwammen auf dem Wasser Plastikteller. Um das Ganze war ein Zaun und vom Zaun aus versuchten nun Männer und Frauen eine Quetzal-Münze auf die Teller zu werfen. Blieb die Münze auf dem Teller liegen, hatte man eine Dose Coca Cola oder ein anderes Getränk gewonnen. Meistens blieb die Münze aber nicht liegen und rutschte ins Wasser.
Ich habe heute doch noch einen Ort mit Internet und Wifi in Chichi gefunden und habe Bilder hochgeladen von heute und gestern. Viel Spass beim Anschauen.
Hasta mañana Birgit